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Entscheidende personelle Hilfe am Spital durch zwei Fachleute aus dem Korps der Humanitären Hilfe der DEZA

– Rolf Maibach

Dr. Josiane Racine Stamm, Kinderärztin FMH aus Versoix/Genf und Daniel Thüring, Anästhesie Fachmann aus Walenstadt und Wil/SG wurden vor zwei Wochen durch das DEZA zur Verstärkung der einheimischen Fachkräfte ans HAS geschickt.

Daniel Thüring hat uns eben den eindrücklichen Bericht geschickt, den wir hier direkt weitergeben: 

"Es ist sechs Uhr abends in Deschapelles. Ein sternenklarer Himmel wölbt sich über das Artibonite Tal, die Temperatur ist jetzt angenehm kühl. Doch die tropische Idylle trügt. Am Albert Schweitzer Spital (HAS) herrscht Hochbetrieb. Der nicht abreissende Zustrom Erkrankter und Verunfallter verläuft aber nicht wie üblich. Die Patienten müssen seit dem Ausbruch der Choleraepidemie bereits vor dem Betreten des Spitalgebäudes auf Symptome der Infektionskrankheit hin untersucht werden. In den meisten Fällen genügt ein Blick. Schwache, teilweise nicht mehr gehfähige Menschen, die über Durchfall und Erbrechen klagen, werden in die für Kinder und Erwachsene unterteilte Cholerastation aufgenommen. Am HAS wurde dafür in Windeseile ein sonst für einen anderen Zweck benutztes Gebäude um und die Abwassersammelstelle ausgebaut. Bis zu 60 und mehr Patienten liegen auf engstem Raum in dieser Cholerastation zusammen und werden rund um die Uhr überwacht. Die Erkrankten treffen teilweise so geschwächt ein, dass sie auf allen Vieren kriechen oder auf improvisierten Tragen über Stunden aus den Bergen ans HAS getragen werden müssen. Die Menschen leiden an schwerstem Flüssigkeitsmangel. Sie können durch die wässrigen Durchfälle und das schwallartige Erbrechen innert 10 Stunden bis zu 10 Liter und mehr verlieren. Oft bleiben nur wenige Minuten Zeit, um Venenzugänge zu schaffen und lebensrettenden Infusionen zu verabreichen. Unterernährte Kinder und alte Menschen sind besonders gefährdet. Oft ist es schwierig zu unterscheiden, ob die Hautfalten von der Unterernährung oder der Cholera herrühren.

Die haitianischen Pflegekräfte und Ärzte sowie kleine Teams aus Polen, den USA und der Schweiz kümmern sich unter sehr schwierigen hygienischen Bedingungen um die Betroffenen. Besonders in der Nacht ist das Risiko zu versterben hoch, weil viele Erkrankte tagsüber den oft stundenlangen Weg unter die Füsse nehmen und erst in der Dunkelheit eintreffen. Damit die Teams nicht von der Müdigkeit übermannt und so weniger aufmerksam werden, wird in strikten 8 Stunden Schichten gearbeitet. Der Einsatz lohnt sich, können doch immer wieder Patienten an der Schwelle des Todes gerettet werden. Ein Lächeln oder ein ausgesprochenes mesi ampil (vielen Dank) ist der Lohn!
Nicht alle haben Glück, zurzeit geht man von über 1800 an Cholera Verstorbener aus. Die Zahlen dürften aber deutlich höher liegen, die Erfassung Erkrankter und Verstorbener in den schwer zugänglichen Bergregionen gestalten sich schwierig.
 

Ich schreibe diese Zeilen in der Bibliothek des Spitals. Hier gibt es Internetzugang. Wenn ich vor 16 Jahren in die Schweiz telefonieren wollte, musste ich zwei Stunden lang nach St. Marc reisen und dort die Post aufsuchen. Die Technik macht  riesige Fortschritte, nicht alle profitieren aber davon. Gleich neben der Bibliothek befindet sich die Kinderabteilung des Spitals. Sie ist zur Zeit so überfüllt, dass die Gänge mit Betten verstopft sind und die Mütte teilweise auf dem Boden schlafen. Ein soeben an Unterernährung verstorbenes 6 jähriges Mädchen liegt auf seinem Bettchen. Die laute Wehklage der Mutter dringt durch Mark und Bein. Fast jeden Abend wiederholt sich das.

Am HAS wird wunderbare Arbeit für die immer wieder von Naturkatastrophen heimgesuchten Haitianer geleistet. Internationale Organisationen bezeichnen es als Referenzspital, gerade auch im Umgang mit der Cholera. 

Denken Sie in der Advents- und Weihnachtszeit an dieses Spital im fernen Haiti! Die Bündner Partnerschaft Hôpital Albert Schweitzer Haiti garantiert für den optimalen Einsatz der Spenden!

Daniel Thüring"

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