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Schwierig kontrollierbare Epidemie, Präsidentenwahlen!

Die Statistik der Cholerakranken und Choleratodesfälle steigt in den letzten Tagen fast exponentiell, vor allem seit die Krankheit die Hauptstadt Port-au-Prince erreicht hat. Im Moment spricht man von über 70'000 Kranken und fast 1700 Todesfällen. Morgen werden diese Zahlen bereits wieder deutlich überholt sein. Wie erwähnt, ist die Choleraausbreitung deshalb so schlecht kontrollierbar, weil ca. 80 % der infizierten Menschen nicht krank werden, ihrer Arbeit nachgehen, dicht gedrängt in Bussen und auf Lastwagen reisen und so die Cholera-Bakterien direkt übertragen können. Die Übertragung von Mensch zu Mensch hat nun die Übertragung durch verunreinigtes Wasser weitgehend abgelöst. Mitten in diese schwierige Situation finden jetzt morgen Sonntag, 28. November die Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Auf den ersten Blick ein Wahnsinn. Aber diese Wahlen sind enorm wichtig, sicher noch wichtiger als meist zuvor. Die Regierung von René Préval hat grosse Verdienste um die Sicherheit des Landes in den letzten Jahren; aber seit dem Erdbeben ist die Regierung wie gelähmt und Fortschritte z.B. im Bildungswesen hat es in denletzten Jahren kaum gegeben. Es braucht dringend eine starke Regierung mit genügend Sensibilität für die Probleme des Landes: Wiederaufbau sicher, Bodenrechtsreform, vor allem aber auch Restrukturierung des Bildungswesens und des Gesundheitswesens, Stopp der Abwanderung, des so genannten „brain drains“.

Am Hôpital Albert Schweitzer (HAS) sind wir seit der Gründung politisch neutral und haben auch deshalb in den letzten 54 Jahren manche Krise und Revolution unbeschadet überstanden. Das heisst aber nicht, dass sich unsere haitianischen Mitarbeiter nicht für Politik interessieren. Wir hoffen, dass die Wahlen einen starken Mann oder vielleicht noch besser eine starke Frau als Präsidentin hervorbringen mit „dem Herzen einer Gazelle und der Haut eines Nilpferdes“ wie Walter und Jo Munz Albert Schweitzer in ihrem letzten Buch bezeichneten, aber auch mit der Pranke eines Tigers zur wirksamen Durchsetzung der notwendigen Massnahmen….

Am HAS hat man sich auf eine langdauernde Cholera Epidemie eingestellt. Die Anzahl der neuen Fälle stabilisierte sich auf hohem Niveau. Jeden Tag brauchen wir etwa 300 Beutel mit Ringer Lactat Lösung für die intravenöse Behandlung und zusätzliche orale Lösungen für die Patienten, die noch trinken können und nicht mehr erbrechen. Das sind riesige Mengen, die nur durch eine effiziente Logistik und gute Netzwerke beschafft werden können. Alle grossen Lager sind in der Hauptstadt, und Transporte werden wegen den Wahlen durch die Strassensperren behindert. Nach wie vor stellt diese Epidemie grösste Anforderungen an die Pflegefachleute, Ärzte, Techniker und Verwaltung. Dr. Silvia Ernst, die neue Med. Direktorin berichtet aber über gute Moral bei allerdings zunehmender Müdigkeit. So ist es ein grosses Glück, dass am letzten Montag 22. November zwei ausgewiesene Fachleute am HAS eintrafen, geschickt von der Humanitären Hilfe (HH) der DEZA: Daniel Thüring, Anästhesiefachmann von Walenstadt und Wil, der vor ca. 15 Jahren zwei Jahre am HAS arbeitete und seither eng mit dem Spital verbunden ist. Daniel war unmittelbar nach dem Erdbeben mit dem Korps der HH bereits in Haiti. Er hat eine riesige Erfahrung, in schwierigen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen und auch durchzuführen; Dr. Josiane Racine Stamm, Kinderärztin FMH von Versoix/Genf verfügt ebenfalls über eine grosse Drittwelterfahrung und widmet sich ganz unseren Cholerapatienten. Wir hoffen, dass die DEZA nach Ablauf der vier Wochen nochmals neue Fachleute ans HAS schicken kann.

Wie schon oft, ist das HAS eine Oase für rasche und fachgerechte medizinische Behandlung für Kinder und Erwachsene mitten in einer schwierigen Umgebung!

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